Sonntag, 22. November 2015
Jetzt ist die Katze aus dem Sack
Tierschutz versus Eigentumsschutz:
LG Dortmund 1 S 52/13, Urt. v. 20.10.2015
In einem recht emotional geführten Verfahren bestätigte das LG Dortmund nach dreijähriger Verfahrensdauer die Rechtsauffassung des AG Bottrop, wonach das Anfüttern von verwilderten Katzen zwecks medizinischer Versorgung und Kastration in einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gestattet ist.
Die Katzenliebhaber wiesen auf die Notwendigkeit eines Engagements von freilaufenden Katzen hin, der Verbeugung weiterer Vermehrung und einer Impfung zur Verhinderung der Verbreitung von Krankheiten.
Die Wohnungseigentümer begrüßten diesen Einsatz, aber bitte nicht auf dem eigenen Grundstück.
Denn das Anfüttern lockte nicht nur Katzen, sondern auch Ratten, Mäuse und Rabenvögel an, die ihrerseits gemeinsam mit den Katzen den Singvögeln den Garaus machten und durch offene Terrassentüren und Fenster in die Wohnung gelangen könnten. Auch die Revierkämpfe der Katzen sowie der nächtliche ruhestörende Katzenjammer war den Eigentümern ein Dorn im Auge.
Hinzu kam, dass die womöglich mit Krankheitserregern und Wurmbefall infizierten Katzen Seuchen übertragen könnten.
In diesen Fällen müsse auch das öffentliche Interesse an der Einschränlung der Population wilder Katzen hinter dem Recht am Eigentum zurückstehen.
Sonntag, 30. August 2015
Ehemaliger Mitarbeiter der Hausverwaltung kann nicht zum Verwaltungsbeirat bestellt werden; §§ 21, 29 WEG
Denn das Amt des Verwalters und des Verwaltungsbeirates sind inkompatibel (Jennißen-Hogenschup:, WEG, § 29 Rn. 11 ;Bärmann-Merle, WEG, § 29 Rnr 13 ).
Denn Aufgabe des Verwaltungsbeirates ist es nämlich u.a., die Tätigkeit des Verwalters gemäß § 29 Abs. 3 WEG zu prüfen. Auch wenn der Eigentümer als freiberuflicher Berater kein leitender Angestellter des Verwalters war - was die Nichtigkeit des Beschlusses begründet - liegt die Interessenkollision auf der Hand.
Wenn ein Verwaltungsbetratsmitglied von dem Verwalter dafür bezahlt wird, dass dieses für ihn Verwaltungstätigkeit ausübt, fehlt es an der nötigen Distanz, um eine wirksame Kontrolle durchführen zu können. Denn dann müsste das Verwaitungsbeiratsmitglied das kontrollieren, was es selbst geraten oder ausgeführt hat.
Wohnungseigentümer haften bei Schäden aufgrund unterlassener Instandsetzungsmassnahmen; § 21 WEG
BGH, Urteil vom 17.10.2014; Az.: V ZR 9/14: Erleidet ein einzelner Wohnungseigentümer einen Schaden an seinem Sondereigentum, weil eine Beschlussfassung über die sofortige Vornahme derartiger Instandsetzungsmaßnahmen unterblieben ist, so trifft die Verpflichtung zum Schadensersatz nicht den rechtsfähigen Verband, sondern diejenigen Wohnungseigentümer, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder nicht für die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.
Entspricht nur die sofortige Vornahme einer zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Sanierungsmaßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung, ist für die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten oder des Alters einzelner Wohnungseigentümer kein Raum.
Die auf § 21 Abs. 4 WEG gestützte Klage ist gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten, wenn deren Mitwirkung an einer ordnungsmäßigen Verwaltung verlangt wird; eine Klage gegen den Verband scheidet aus (vgl. nur Timme/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 21 Rn. 139; aA Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 21 Rn. 61, jeweils mwN), und zwar auch dann, wenn nur die Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und ein Gestaltungsspielraum infolgedessen nicht besteht. Eine etwaige Mitwirkungspflicht der Wohnungseigentümer ist individuell und nicht gemeinschaftlich zu erfüllen; den Pflichten des Verbands ist sie vorgelagert. Weil der Verband eine solche Primärpflicht (Mitwirkung an der Willensbildung) nicht wahrnehmen könnte, sind auch Sekundäransprüche nicht gemeinschaftsbezogen. Dass sich die Eigentümerversammlung vor Erhebung der Klage mit dem streitgegenständlichen Anliegen der Klägerin zu befassen hat, stellt eine unnötige Förmelei dar, wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Antrag in der Eigentümerversammlung die nötige Mehrheit findet.
Eine etwaige Mitwirkungspflicht der Wohnungseigentümer ist individuell und nicht gemeinschaftlich zu erfüllen; den Pflichten des Verbands ist sie vorgelagert. Weil der Verband eine solche Primärpflicht (Mitwirkung an der Willensbildung) nicht wahrnehmen könnte, sind auch Sekundäransprüche nicht gemeinschaftsbezogen.
Damit hat der BGH die Frage geklärt, wer für Folgeschäden am Gemeinschaftseigentum haftet. Dies sind alle Eigentümer, die einer Massnahme nicht zugestimmt oder sich enthalten haben. Die Eigentümer sind künftig gut beraten, dringend notwendige Reparaturen unverzüglich durchführen zu lassen. Anderenfalls haften sie gemäß § 280 BGB persönlich für Folgeschäden.
Mittwoch, 5. August 2015
Wohnungseigentümer darf Bonität des Verwalters bezweifeln; §§ 1004, 823 BGB
LG Dortmund ( AZ: 1 S 67/15, Urt.v. 27.05.2015)
Ein Wohnungseigentümer darf die Bonität eines neu zu wählenden Verwalter in Frage stellen. Es ist weder Anspruch wegen der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch wegen einer Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgebübten Gewerbebetrieb eines WEG-Verwalters als deliktisch geschützten Rechtsgütern gegeben, wenn ein Eigentümer die Bonität eines zur Wahl stehenden Verwalters bezweifelt.
Die Zweifel der Bonität einer haftungsbeschränkten UG als Verwalterin sind auch unter Berücksichtigung der Entscheidung BGH V ZR 190/11 begründet gewesen. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen fehlt es für einen Anspruch auf Widerruf auch an der Rechtswidrigkeit der getätigten Äußerungen, wenn diese in einem gerichtlichen Verfahren und damit zur Wahrnehmung berechtigter Interessen getätigt worden sind, denen die Beklagte innerhalb des laufenden Rechtsstreits zur Wahrung ihrer Interessen hat entgegentreten können (vgl. Palandt, BGB, 74. Auflage, § 823, Rn. 37).
Insoweit ist die Grenze zu einer bewusst unwahren Tatsachenäußerung bzw. zur Schmähkritik, welche auf innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens unzulässig sind (vgl. Palandt, a.a.O.), nicht überschritten worden. Ein Anspruch auf Geltendmachung außergerichtlicher Rechtsanwaltkosten besteht nicht, da die ungerechtfertigte Inanspruchnahme zum allgemeinen Lebensrisiko gehört und eine vertragliche Grundlage mangels Verwalterbestellung ausscheidet.
Wiedereinsetzung bei Anfechtungsklagen, § 46 WEG
( LG Dortmund, Urteil vom 02.06.2015; Az.: 1 S 91/15)
1. Versäumt ein Eigentümer in Unkenntnis der Beschlussfassung die Anfechtungsfrist des § 46 WEG, weil der Verwalter ihm das Protokoll nicht rechtzeitig aushändigt, kann ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt werden.
2. Bestimmt die Teilungserklärung zweier räumlich getrennter Häuser, dass für die Gebrauchsregelung in dem einem Haus ein Stimmrechtsverbot des jeweils anderen Hauses existiert, muss die Abstimmung unter Ausschluss der Miteigentümer des jeweils anderen Hauses erfolgen. Die Mehrheitsverhältnisse müssen dabei für die jeweils stimmberechtigten Hausteile gesondert ermittelt werden.
3. Der in einem angefochtenen Beschluss betreffend einer Hausflurordnung verwendete Begriff des Hindernisses ist auslegungsfähig und dahin zu verstehen, dass keine Gegenstände aufzustellen sind, welche die Bewegungsfreiheit auf den Hausfluren bzw. den Laubengängen beeinträchtigen.
Montag, 22. Juni 2015
Zur Nichtigkeit eines Sanierungsbeschlusses wegen unbestimmtem Beschlussantrag
Beschlussfassungen über bauliche Veränderungen und
Instandsetzungsmassnahmen führen immer wieder zu Streitigkeiten. Häufig
werden die Beschlussanträge schon nicht richtig vorbereitet, mit der
Folge, dass ein unklarer Beschluss meistens zur Nichtigkeit führt.
Da nichtige Beschlüsse nicht innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist ab Beschlussfassung angefochten werden müssen, kann ein Eigentümer, der mit der beschlossenen Massnahme nicht einverstanden ist, auch noch nach Ablauf dieser Frist Klage auf Feststellung der Nichtigkeit erheben.
Da die Feststellung der Nichtigkeit dem betroffenen Wohnungseigentümer erhebliche Schwierigkeiten bereitet - allein deshalb, weil die Beschlüsse objektiv auszulegen sind - ist eine Überprüfung durch einen Rechtsanwalt in jedem Einzelfall empfehlenswert.
Da nichtige Beschlüsse nicht innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist ab Beschlussfassung angefochten werden müssen, kann ein Eigentümer, der mit der beschlossenen Massnahme nicht einverstanden ist, auch noch nach Ablauf dieser Frist Klage auf Feststellung der Nichtigkeit erheben.
Da die Feststellung der Nichtigkeit dem betroffenen Wohnungseigentümer erhebliche Schwierigkeiten bereitet - allein deshalb, weil die Beschlüsse objektiv auszulegen sind - ist eine Überprüfung durch einen Rechtsanwalt in jedem Einzelfall empfehlenswert.
Unbestimmte Verwaltervergütung kann zur Anfechtung der Verwalterbestellung führen; §§ 23, 27 WEG
Der Inhalt eines Beschlusses muss nach Auffassung des AG Bottrop (Urt.v. 12.06.2015; Az.: 20 C 9/15) klar und bestimmt oder zumindest bestimmbar sein (s. nur Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, § 23 Rdnr. 54). Daran krankt die Formulierung in dem angefochtenen Beschluss, der Verwalter sei berechtigt, „zu Unrecht vorgebrachte Beschwerden" in Rechnung zu stellen.
In welchen Fällen und unter welchen Umständen eine Zahlungsverpflichtung begründet werden soll, lässt sich weder der getroffenen Regelung noch den Umständen aus der Niederschrift entnehmen. Der einzelne Wohnungseigentümer oder auch ein Sondernachfolger kann anhand der Formulierung nicht erkennen, wann er mit Forderungen des Verwalters zu rechnen hat. Denn ob eine Beschwerde zu Unrecht erhoben ist, ist eine reine Wertungsfrage, die im Einzelfall durchaus unterschiedlich beantwortet werden kann. Die mangelnde Bestimmtheit der Formulierung „zu Unrecht vorgebrachte Beschwerden" führt zu der Unwirksamkeit des angefochtenen Beschlusses.
Mittwoch, 3. Juni 2015
Mittwoch, 18. Februar 2015
Hunde müssen nicht in Eigentümergemeinschaft angeleint werden; § 15 Abs. 2 WEG
In einer Wohnungseigentümergemeinschaft gibt es keinen Anspruch auf eine generelle Anleinpflicht von Hunden, wenn das Interesse der übrigen Mitglieder auch durch andere Verhaltensregeln gewahrt werden kann (a.A.: so insbesondere AG München, Urt. v. 19.09.2011 - 485 C 1864/11 WEG, ZMR 2012, 307; tendenziell auch OLG Köln, Beschl. v. 28.07.2008 - 16 Wx 116/08, WuM 2009, 372; LG Konstanz, Beschl. v. 15.12.2008 - 62 T 73/08, ZMR 2009, 634).
Ein betreffend die Nutzung der Rasenfläche mit Hunden verlässt nicht die Grenzen des den Wohnungseigentümern durch § 15 Abs. 2 WEG zur Regelung eines ordnungsgemäßen Gebrauchs eingeräumten Ermessens, auch wenn der Beschluss das Spielen mit nicht angeleinten Hunden auf der gemeinschaftlichen Rasenfläche legitimiert.
Das führt aber nicht dazu, dass die Regelung gegen § 2 Abs. 2 Nr. 4 des Gefahrhundegesetzes (GefHG) des Landes Schleswig-Holstein vom 28.01.2005 (GVOBl. Schl.-H. 2005, S. 51), dass die vom Kläger zitierte Gefahrhundeverordnung zum 01.04.2005 außer Kraft gesetzt hat (vgl. § 19 GefHG), verstoßen könnte. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 GefHG sind Hunde bei Mehrfamilienhäusern auf Zuwegen, in Treppenhäusern, in Aufzügen, in Fluren und in sonstigen von der Hausgemeinschaft gemeinsam genutzten Räumen an einer zur Vermeidung von Gefahren geeigneten Leine zu führen. Hier geht es jedoch nicht um einen dieser geschützten Bereiche, sondern um Rasenflächen. Derartige Gemeinschaftsflächen sind -anders als beispielsweise bei § 2 Abs. 2 Nr. 3 GefHG - nicht in die Regelung miteinbezogen. Der Beschluss kollidiert auch nicht mit Ziffer 2. der Hausordnung. Das zeitweilige Spielen mit Hunden auf einer Rasenfläche stellt keine "Tierhaltung außerhalb der Wohnung" dar. Gemeint ist damit nach dem maßgeblichen objektiven Sinngehalt der Vorschrift ein Halten von Tieren außerhalb des Wohnbereichs in speziellen Käfigen oder Zwingern. Darum geht es hier nicht. Die Kammer berücksichtigt bei der Prüfung des Beschlusses auch den Umstand, dass die Teilungserklärung keinerlei Einschränkung der Hundehaltung vorsieht, das Halten von Hunden in der Anlage also grundsätzlich erlaubt ist. Das ist entgegen der vom Kläger geäußerten Rechtsansicht keineswegs selbstverständlich, denn eine Einschränkung der Tierhaltung in der Teilungserklärung wäre durchaus zulässig. Der BGH hat dies für eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer entschieden (BGH, Beschl. v. 04.05.1995 - V ZB 5/95, NJW 1995, 2036); entsprechendes gilt für die einseitige Erklärung zur Begründung von Wohnungseigentum nach § 8 WEG (vgl. Bärmann/Klein, WEG, 12. Aufl., § 10 Rn. 68, 102).
Enthält die Teilungserklärung im vorliegenden Fall aber gerade keine Einschränkung der Tierhaltung, so muss jeder Wohnungseigentümer damit rechnen, dass die Eigentümer im Beschlusswege auch großzügige Gebrauchsregelungen unter Ausschöpfung des ihnen insoweit zustehenden Ermessensspielraums treffen. Nichts anderes ist hier geschehen. Der Beschluss legitimiert einerseits allein das Spielen von Hunden auf dem Rasenstreifen, wobei ein Anspringen von Personen zu unterbleiben hat, was die Anwesenheit des Hundehalters oder einer vertrauten Person erfordert. Er untersagt andererseits die bei Hundehaltern nicht selten zu beobachtende Unsitte, die Rasenfläche zur Verrichtung des "täglichen Geschäfts" durch das Tier zu nutzen. Wenn der Beschluss den Bewohnern der Anlage gleichwohl eine Begegnung mit Hunden sowie gewisse Belästigungen wie etwa durch Bellen oder das Vorhandensein von Hundehaaren nicht gänzlich erspart, so liegt dies noch im Rahmen eines ordnungsgemäßen Gebrauchs i. S. von § 15 Abs. 2 WEG. Dieser verlangt jedem Wohnungseigentümer eine gewisse Rücksichtnahme auf die Interessen der Mitbewohner ab, wozu auch die Duldung von moderaten Beeinträchtigungen infolge sozialadäquater Tierhaltung zu rechnen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet der Beschluss zu TOP 4 weder eine Diskriminierung von Wohnungseigentümern, die keinen Hund halten, noch eine Nutzungserweiterung zugunsten von hundehaltenden Nichteigentümern. An einer Diskriminierung fehlt es bereits deswegen, weil eine etwa unterschiedliche Behandlung von Personen auf einem legitimen Zweck beruht. Ein solcher kann auch auf einer wirksamen wohnungseigentumsrechtlichen Regelung, etwa einem Beschluss, beruhen. Adressaten des Beschlusses sind überdies lediglich die Wohnungseigentümer und deren Mieter, nicht hingegen fremde Personen, die in der Anlage nicht ansässig sind.
Nicht hinnehmen müssen die Eigentümer der Anlage zwar - insoweit ist dem Kläger Recht zu geben - ein unverhofftes Anspringen, insbesondere durch nicht angeleinte Hunde, oder gar ein Erscheinen von nicht angeleinten Hunden in fremden Wohnungen. Ebenfalls nicht zu dulden brauchen sie eine völlige Verdrängung von Nichthundehaltern von der Rasenfläche durch frei herumlaufende und tobende Hunde. Gegen derartige Auswüchse der Hundehaltung haben die Eigentümer in dem zu TOP 4 gefassten Beschluss jedoch Vorkehrungen getroffen. Belästigungen von Personen durch Anspringen sind absolut untersagt; die Nutzung der Rasenfläche durch bestimmte Hunde darf bei derartigen Vorkommnissen durch Mehrheitsbeschluss widerrufen werden. Insofern eröffnet die beschlossene Regelung hinreichende Spielräume, um eine in der Anlage grundsätzlich ja erlaubte Hundehaltung für alle Bewohner zumutbar zu gestalten. Die Kammer sieht sich nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des OLG Hamburg vom 20.08.2007 (2 Wx 72/07 = ZMR 2008, 151). Aus dieser ergibt sich lediglich, dass es den Wohnungseigentümern im Rahmen eines ordnungsgemäßen Gebrauchs unbenommen bleibt, Tierhaltung in der Anlage durch Mehrheitsbeschluss gemäß § 15 Abs. 2 WEG zu regeln. Dabei darf weder ein vollständiges Verbot der Haustierhaltung noch eine unbeschränkte Haustierhaltung beschlossen werden; im Übrigen steht den Eigentümern jedoch bei der Regelung der Tierhaltung ein Ermessen zu. Dass die Grenzen dieses Ermessens allein dadurch gewahrt sein können, dass die Wohnungseigentümer einen uneingeschränkten Leinenzwang festlegen, lässt sich dieser Entscheidung nach Ansicht der Kammer jedoch nicht entnehmen. In dem dortigen Fall geht es um die Anfechtung eines Mehrheitsbeschlusses, in welchem den Eigentümern generell untersagt wird, Hunde in den gemeinschaftlichen Garten zu führen (TOP 7). Insoweit hat das OLG Hamburg im Rechtsbeschwerdeverfahren die Entscheidung des Landgerichts bestätigt, das diesen Beschluss für ungültig erklärt hat. Nur in diesem Zusammenhang weist es darauf hin, dass die Interessen der übrigen Miteigentümer hinreichend gewahrt seien, wenn die Hunde angeleint seien, eine Nutzung der Gartenfläche als Hundetoilette untersagt werde und der Hundehalter verpflichtet werde, unbeabsichtigt abgesonderten Hundekot umgehend selbst zu beseitigen (s. OLG Hamburg, a. a. O., Rn. 16). Auch aus der vom Kläger im Schriftsatz vom 05.12.2013 (S. 3 oben) besonders hervorgehobenen Passage der Entscheidungsgründe ("Nur eine derartige Gebrauchsregelung ...") folgt nichts anderes. Es geht erkennbar darum, dass eine Gebrauchsregelung besteht, die es dem hundehaltenden Wohnungseigentümer ermöglicht, die im Gemeinschaftseigentum stehende Gartenfläche mitzubenutzen. Durch eine Anleinpflicht werden Belästigungen der übrigen Miteigentümer über das bei angeordnetem Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus (vgl. § 14 Nr. 1 WEG) entgegengewirkt. Das bedeutet aber nicht, dass eine Anleinpflicht das einzige Mittel ist, um die Interessen der nichthundehaltenden Wohnungseigentümer zu wahren. Im Übrigen hat dem Beschluss des OLG Hamburg auch eine andere Fallgestaltung zugrunde gelegen. Dort ging es um eine gemeinschaftliche Gartenfläche mit einer Größe von 2.400 qm, die von einer Vielzahl von Wohnungseigentümern im Rahmen ihrer sehr unterschiedlichen Freizeitgestaltung genutzt wurde. Der hier in Rede stehende Rasenstreifen ist zuletzt lediglich von dem Mieter einer der Wohneinheiten zum Spielen mit seinem kleinen Hund genutzt worden. Sofern andere Bewohner der Anlage eine regelmäßige Nutzung der Rasenfläche beanspruchen, kann ohne weiteres ein "Widerruf" der beschlossenen Hundenutzungserlaubnis erfolgen, wozu es allerdings eines Mehrheitsbeschlusses bedarf.
In der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten wird, im Bereich der Wohnungseigentumsanlage einschließlich der gemeinschaftlichen Außenflächen bestehe eine generelle Anleinpflicht für Hunde (so insbesondere AG München, Urt. v. 19.09.2011 - 485 C 1864/11 WEG, ZMR 2012, 307; tendenziell auch OLG Köln, Beschl. v. 28.07.2008 - 16 Wx 116/08, WuM 2009, 372; LG Konstanz, Beschl. v. 15.12.2008 - 62 T 73/08, ZMR 2009, 634). Das soll nach Ansicht des AG München (a. a. O.) bereits aus den §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG folgen. Das Laufenlassen von Hunden in einer Wohnungseigentumslage stelle stets eine Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer dar, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehe. Das gelte unabhängig davon, ob der Hund im Einzelfall gefährlich sei oder dazu neige, an Personen hochzuspringen. Nur wenn dieser angeleint sei, könnten die übrigen Eigentümer sicher sein, dass er nicht auf sie zugelaufen komme und sie belästige. Allein deren Besorgnis, von einem Hund angesprungen zu werden, stelle eine erhebliche Beeinträchtigung dar, die sie nicht hinnehmen müssten.
Dem möchte sich das LG Itzehoe jedoch nicht anschließen. Sie ist der Auffassung, dass den Eigentümern - soweit die Teilungserklärung hierzu keine Vorgaben enthält - für die Regelung der Hundehaltung auf den Freiflächen der Anlage ein weites Ermessen zusteht, dessen absolute Grenzen lediglich durch ein vollständiges Tierhaltungsverbot einerseits sowie eine unbeschränkte Tierhaltungserlaubnis andererseits gebildet werden. Alles Weitere hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Diese können einen Leinenzwang für Hunde gebieten, müssen es jedoch nicht zwangsläufig. Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus den §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG herleiten. § 15 Abs. 3 WEG bestimmt, dass jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen kann, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und im Übrigen billigem Ermessen entspricht. Hier haben die Eigentümer eine Regelung durch Beschluss getroffen, die an den Vorgaben des § 15 Abs. 2 WEG zu messen ist. Diesen hält der gefasste Beschluss stand.
Mittwoch, 21. Januar 2015
Zu den Grenzen der Auferlegung von Pflichten eines Sondernutzungsberechtigten (hier: Gartennutzung) durch Beschluss; §§ 16, 23 Abs. 1 WEG
BGH Karlsruhe, Urt.v. 10.10.2014; Az.: V ZR 315/13
Eine Öffnungsklausel in einer Teilungserklärung hat lediglich die Funktion, zukünftige Mehrheitsentscheidungen formell zu legitimieren, ohne sie materiell zu rechtfertigen. Deshalb ist ein Änderungsbeschluss auf der Grundlage einer Öffnungsklausel nicht schon dann rechtmäßig, wenn er die Anforderungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt.
Zum besonderen Schutz der Minderheit sind bestimmte fundamentale inhaltliche Schranken zu beachten. Erst bei der Frage, ob die beschlossene Änderung den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, ist den Wohnungseigentümern aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter - lediglich durch das Willkürverbot beschränkter - Gestaltungsspielraum eingeräumt.
Zu den in diesem Sinne mehrheitsfesten Rechten gehört das dem Verbandsrecht immanente Belastungsverbot, das jeden Wohnungseigentümer vor der Aufbürdung neuer (originärer) - sich weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen Gemeinschaftsordnung ergebender - Leistungspflichten schützt.
Zwar ist es bei Sondernutzungsrechten üblich, dem Sondernutzungsberechtigten die Pflicht zur Instandhaltung auf eigene Kosten aufzuerlegen, weil ein Auseinanderfallen von Nutzungsrecht und Instandhaltungslast als unbefriedigend empfunden wird. Das ändert aber nichts daran, dass eine hiervon abweichende Regelung bereits in der Teilungserklärung /Gemeinschaftsordnung selbst oder im Wege einer späteren Vereinbarung der Wohnungseigentümer hätte getroffen werden müssen.
Die durch eine Öffnungsklausel legitimierte Mehrheitsmacht wird materiellrechtlich u. a. durch unentziehbare, aber verzichtbare Mitgliedschaftsrechte begrenzt; ein in solche Rechte ohne Zustimmung der nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer eingreifender Beschluss ist schwebend unwirksam.
Zu den unentziehbaren, aber verzichtbaren Mitgliedschaftsrechten gehört das sog. Belastungsverbot, das jeden Wohnungseigentümer vor der Aufbürdung neuer (originärer) - sich weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen Gemeinschaftsordnung ergebender - Leistungspflichten schützt.
Mit dieser Entscheidung hatte der Kläger einen Pyrrhussieg errungen. Zwar durften die Miteigentümer den Kläger durch Beschluss nicht verpflichten, seinen sondernutzungsberechtigten Gartenteil selber zu pflegen. Die hindert die Eigentümer künftig aber nicht daran, dem sondernutzungsberechtigten Eigentümer die Kosten der Gartenpflege gem. § 16 Abs. 3 WEG allein aufzuerlegen.
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Aktuell stellt der BGH (V ZR 76/14) fest, dass eine erstinstanzliche Prozesshandlung (Anerkenntnis) eines Streitgenossen ausnahmsweise noch in der Berufungsinstanz widerrufen werden kann, wenn die übrigen Eigentümer säumig waren und stellt damit erneut klar, dass die Gesetzesreform von 2007 wohl wenig durchdacht war.
Immer wieder neue Ausnahmen und Sonderregeln machen das Prozessrecht im WEG mittlerweile zu einem nicht mehr überschaubaren Risiko für Parteien wie für Anwälte.
Da wundert es schon gar nicht mehr, wenn ein Eigentümer, der erstmalig in der Revisionsinstanz von seinem Gerichtsverfahren erfährt, weil der Verwalter ihn bis dahin nicht unterrichtet hat und von den ihn vertreten Rechtsanwalt nicht vertreten werden will, einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen muss, damit dieser die fehlende Bevollmächtigung rügt.