Sonntag, 22. November 2015

Anerkenntnisurteil kann in der Berufungsinstanz widerrufen werden; Prozessvollmacht des eigenen Anwaltes kann in der Revision nur durch postulationsfähigen Anwalt gerügt werden

 



Der Verwalter bleibt auch dann gesetzlicher Zustellungsvertreter, wenn er seiner Pflicht, die Wohnungseigentümer unverzüglich darüber zu unterrichten, dass ein Rechtsstreit gemäß § 43 WEG anhängig ist (§ 27 Abs. 1 Nr. 7 WEG), nicht nachkommt.

Dass der Verwalter im Beschlussmängelprozess nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 WEG befugt ist, für die beklagten Wohnungseigentümer einen Rechtsanwalt zu mandatieren (vgl. Senat, Urteil vom 5. Juli 2013 - VZR 241/12, NJW2013, 3098 Rn. 7 ff.), schließt allerdings nicht aus, dass einzelne Wohnungseigentümer einen eigenen Rechtsanwalt beauftragen oder eine Vertretung durch den vom Verwalter eingeschalteten Anwalt ablehnen.

Soweit andere Wohnungserbbauberechtigte erstmals in der Revisionsinstanz mitgeteilt haben, sie wollten nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten werden, bleibt dies schon deshalb ohne Wirkung, weil die Erklärungen nicht durch einen am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt abgegeben worden sind (§ 78 Abs. 1 Satz 3 ZPO).

Prozesshandlungen wie das Anerkenntnis unterliegen nicht den für materiell-rechtliche Rechtsgeschäfte geltenden Vorgaben. Die für Willenserklärungen geltenden Vorschriften über Nichtigkeit oder Anfechtbarkeit wegen Willensmängeln sind weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 1981 - IVb ZR 589/80, BGHZ 80, 389, 391 ff.; Beschluss vom 13. Dezember 2006 - XI I ZB 71/04, MDR 2007, 672; Beschluss vom 14. Mai 2013 - II ZR 262/08, NJW 2013, 2686 Rn. 7). Wegen ihrer prozessgestaltenden Wirkung sind Prozesshandlungen grundsätzlich unwiderruflich, wenn sie als so genannte Bewirkungshandlungen die Prozesslage unmittelbar beeinflussen (Senat, Urteil vom 27. Februar 2015 - V ZR 128/14, NJW 2015, 2425 Rn. 27). Ein Widerrufsrecht kann sich allerdings ausnahmsweise aus teleologischen oder systematischen Envägungen ergeben.

Es ist säumigen Streitgenossen in den Tatsacheninstanzen in nachfolgenden mündlichen Verhandlungen möglich ist, eine von dem anwesenden Streitgenossen mit Wirkung für sie vorgenommene Prozesshandlung zu widerrufen.

Die Möglichkeit zum Widerruf von Prozesshandlungen in der mündlichen Verhandlung von einem anwesenden Streitgenossenmit Wirkung für und wider die übrigen vorgenommen worden sind, folgt aus der gebotenen teleologischen Reduktion des § 62 ZPO.
 
Da hat der BGH aber mal wieder einen rausgehauen. Da die ZPO auf WEG-Verfahren nur bedingt anwendbar ist, hat der BGH mehrfach entscheiden müssen, wie sich die Streitgenossenschaft der beklagten Wohnungseigentümer in einem Anfechtungsverfahren auswirkt. Zunächst herrschte Ratlosigkeit. Dann überraschte uns der BGH (V ZR 196/08) mit der Erkenntnis, dass die Wohnungseigtentümer wie echte Streitgenossen anzusehen sind, was das LG München (1 S 809/11) dann auch prompt dazu veranlasste, sogar einen Parteiwechsel eines beklagten Miteigetümers vorzunehmen, worauf der BGH (V ZR 7/12) seine Rechtsprechung in einem Nebensatz sofort wieder aufgab und entschied, dass ein Parteiwechsel wohl doch nicht möglich sei.

Aktuell stellt der BGH (V ZR 76/14) fest, dass eine erstinstanzliche Prozesshandlung (Anerkenntnis) eines Streitgenossen ausnahmsweise noch in der Berufungsinstanz widerrufen werden kann, wenn die übrigen Eigentümer säumig waren und stellt damit erneut klar, dass die Gesetzesreform von 2007 wohl wenig durchdacht war.

Immer wieder neue Ausnahmen und Sonderregeln machen das Prozessrecht im WEG mittlerweile zu einem nicht mehr überschaubaren Risiko für Parteien wie für Anwälte.

Da wundert es schon gar nicht mehr, wenn ein Eigentümer, der erstmalig in der Revisionsinstanz von seinem Gerichtsverfahren erfährt, weil der Verwalter ihn bis dahin nicht unterrichtet hat und von den ihn vertreten Rechtsanwalt nicht vertreten werden will, einen beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt beauftragen muss, damit dieser die fehlende Bevollmächtigung rügt.

 

Jetzt ist die Katze aus dem Sack

 

Tierschutz versus Eigentumsschutz: 

 

LG Dortmund 1 S 52/13, Urt. v. 20.10.2015

 

In einem recht emotional geführten Verfahren bestätigte das LG Dortmund nach dreijähriger Verfahrensdauer die Rechtsauffassung des AG Bottrop, wonach das Anfüttern von verwilderten Katzen zwecks medizinischer Versorgung und Kastration in einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht gestattet ist.

Die Katzenliebhaber wiesen auf die Notwendigkeit eines Engagements von freilaufenden Katzen hin, der Verbeugung weiterer Vermehrung und einer Impfung zur Verhinderung der Verbreitung von Krankheiten.

Die Wohnungseigentümer begrüßten diesen Einsatz, aber bitte nicht auf dem eigenen Grundstück.

Denn das Anfüttern lockte nicht nur Katzen, sondern auch Ratten, Mäuse und Rabenvögel an, die ihrerseits gemeinsam mit den Katzen den Singvögeln den Garaus machten und durch offene Terrassentüren und Fenster in die Wohnung gelangen könnten. Auch die Revierkämpfe der Katzen sowie der nächtliche ruhestörende Katzenjammer war den Eigentümern ein Dorn im Auge.

Hinzu kam, dass die womöglich mit Krankheitserregern und Wurmbefall infizierten Katzen Seuchen übertragen könnten. 


In diesen Fällen müsse auch das öffentliche Interesse an der Einschränlung der Population wilder Katzen hinter dem Recht am Eigentum zurückstehen.

Sonntag, 30. August 2015


Unberechtigter Ausschluss von der Eigentümerversammlung führt zur Unwirksamkeit der anschließend gefassten Beschlüsse



Sieht das Gericht den Verwalter zur Zustellung einer Anfechtungsklage als ausgeschlossen an, hat es seinerseits von Amts wegen einen Ersatzzustellungsbevollmächtigten zu bestellen (§ 45 Abs, 3 WEG). Warten die Kläger die Entscheidung des Gerichtes, an wen zugestellt wird und gegebenenfalls die Benennung eines Ersatzzustellungsbevollmächtigten ab, verzögern sie den Rechtsstreit daher nicht vorwerfbar (vgl. BGH NZM 2011, 752 Rn. 7).

Hat das Erstgericht die Klage aus mehreren voneinander unabhängigen Gründen für gerechtfertigt gehalten, liegt eine hinreichende Berufungsbegründung nur vor, wenn alle Gründe - für sich in ausreichender Weise - angegriffen werden.

Der unberechtigte Ausschluss eines Eigentümers oder einer anderen teilnahmeberechtigten Person von der Versammlung steht hinsichtlich der Rechtsfolgen der Nichtladung gleich. Die in der Versammlung gefassten Beschlüsse sind im Rahmen der Anfechtungsklage für ungültig zu erklären, ohne dass es darauf ankommt, ob die in der Versammlung gefassten Beschlüsse auch bei Mitwirkung des ausgeschlossenen Eigentümers die erforderliche Mehrheit gefunden hätte.

Stört ein Wohnungseigentümer den Ablauf einer Versammlung, kann er als Ultima Ratio und nur für den weiteren Verlauf von der Versammlung - also nicht präventiv - ausgeschlossen werden. Voraussetzung einer solchen Ordnungsmaßnahme ist, dass der Versammlungsausschluss geeignet ist, die Störungen abzustellen und dass es kein milderes Mittel gibt, welches den Störungen in gleicher Weise entgegenwirkt. Ein milderes Mittel ist es etwa, einem Wohnungseigentümer das Rederecht zu begrenzen oder ganz zu entziehen. Auch ein nur zeitweiser Ausschluss, bis sich der Wohnungseigentümer „beruhigt" hat, ist in Betracht zu ziehen (Jennißen, WEG, Kommentar, 4. Auflage, § 24, Rn. 74).

Ehemaliger Mitarbeiter der Hausverwaltung kann nicht zum Verwaltungsbeirat bestellt werden; §§ 21, 29 WEG

 

 
War ein Wohnungseigentümer als Mitarbeiter bei der Hausverwaltung tätig, kann er nicht zum Verwaltungsbeirat bestellt werden. Denn wenn ein Eigentümer in die Verwaltungstätigkeit integriert war, besteht hierin ein Interessenskonflikt.

Denn das Amt des Verwalters und des Verwaltungsbeirates sind inkompatibel (Jennißen-Hogenschup:, WEG, § 29 Rn. 11 ;Bärmann-Merle, WEG, § 29 Rnr 13 ).

Denn Aufgabe des Verwaltungsbeirates ist es nämlich u.a., die Tätigkeit des Verwalters gemäß § 29 Abs. 3 WEG zu prüfen. Auch wenn der Eigentümer als freiberuflicher Berater kein leitender Angestellter des Verwalters war - was die Nichtigkeit des Beschlusses begründet - liegt die Interessenkollision auf der Hand.

Wenn ein Verwaltungsbetratsmitglied von dem Verwalter dafür bezahlt wird, dass dieses für ihn Verwaltungstätigkeit ausübt, fehlt es an der nötigen Distanz, um eine wirksame Kontrolle durchführen zu können. Denn dann müsste das Verwaitungsbeiratsmitglied das kontrollieren, was es selbst geraten oder ausgeführt hat.

Wohnungseigentümer haften bei Schäden aufgrund unterlassener Instandsetzungsmassnahmen; § 21 WEG


BGH, Urteil vom 17.10.2014; Az.: V ZR 9/14: Erleidet ein einzelner Wohnungseigentümer einen Schaden an seinem Sondereigentum, weil eine Beschlussfassung über die sofortige Vornahme derartiger Instandsetzungsmaßnahmen unterblieben ist, so trifft die Verpflichtung zum Schadensersatz nicht den rechtsfähigen Verband, sondern diejenigen Wohnungseigentümer, die schuldhaft entweder untätig geblieben sind oder nicht für die erforderliche Maßnahme gestimmt bzw. sich enthalten haben.

Entspricht nur die sofortige Vornahme einer zur Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums erforderlichen Sanierungsmaßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung, ist für die Berücksichtigung finanzieller Schwierigkeiten oder des Alters einzelner Wohnungseigentümer kein Raum.

Die auf § 21 Abs. 4 WEG gestützte Klage ist gegen die übrigen Wohnungseigentümer zu richten, wenn deren Mitwirkung an einer ordnungsmäßigen Verwaltung verlangt wird; eine Klage gegen den Verband scheidet aus (vgl. nur Timme/Elzer, WEG, 2. Aufl., § 21 Rn. 139; aA Merle in Bärmann, WEG, 12. Aufl., § 21 Rn. 61, jeweils mwN), und zwar auch dann, wenn nur die Beschlussfassung ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht und ein Gestaltungsspielraum infolgedessen nicht besteht. Eine etwaige Mitwirkungspflicht der Wohnungseigentümer ist individuell und nicht gemeinschaftlich zu erfüllen; den Pflichten des Verbands ist sie vorgelagert. Weil der Verband eine solche Primärpflicht (Mitwirkung an der Willensbildung) nicht wahrnehmen könnte, sind auch Sekundäransprüche nicht gemeinschaftsbezogen. Dass sich die Eigentümerversammlung vor Erhebung der Klage mit dem streitgegenständlichen Anliegen der Klägerin zu befassen hat, stellt eine unnötige Förmelei dar, wenn nicht davon ausgegangen werden kann, dass der Antrag in der Eigentümerversammlung die nötige Mehrheit findet.

Eine etwaige Mitwirkungspflicht der Wohnungseigentümer ist individuell und nicht gemeinschaftlich zu erfüllen; den Pflichten des Verbands ist sie vorgelagert. Weil der Verband eine solche Primärpflicht (Mitwirkung an der Willensbildung) nicht wahrnehmen könnte, sind auch Sekundäransprüche nicht gemeinschaftsbezogen.


Damit hat der BGH die Frage geklärt, wer für Folgeschäden am Gemeinschaftseigentum haftet. Dies sind alle Eigentümer, die einer Massnahme nicht zugestimmt oder sich enthalten haben. Die Eigentümer sind künftig gut beraten, dringend notwendige Reparaturen unverzüglich durchführen zu lassen. Anderenfalls haften sie gemäß § 280 BGB persönlich für Folgeschäden.

Mittwoch, 5. August 2015

Verwalter ist nicht zur Erhebung von Wohngeldklagen prozessführungsbefugt, § 27 WEG

 

 
Gemäß § 27 Abs. 3 Nr. 7 WEG bedarf der Verwalter zur Vornahme von Rechtsgeschäften oder Rechtshandlungen für die WEG einer Ermächtigung durch eine Vereinbarung oder einen Beschluss. Dies gilt auch für die Beauftragung eines Prozessbevollmächtigten zur Erhebung einer Klage.

Fehlt eine Ermächtigung durch Beschluss oder Vereinbarung, ist die Klage mangels Prozessführungsbefugnis des Verwalters als unzulässig abzuweisen.

Die Verjährungsfrist beginnt bei Wohngeldvorschüssen am Ende des Jahres zu laufen, in dem der jeweilige Vorschuss fällig wird, § 199 BGB (vgl. BGH ZWE 2012, 373). Enthält der Wirtschaftsplan die Pflicht zur Zahlung von Vorschüssen, führt der Beschluss der Jahresabrechnung nicht zu einer Novation oder auch nur zur Bestätigung der bereits fällig gewordenen Vorschüsse (BGH a.a.O.; Bärmann/Merle, WEG, 12. Aufl., § 28 Rn. 63) und daher insoweit auch nicht zu einem Neubeginn der Verjährung; allenfalls eine die Vorschusszahlungen übersteigende sog. Abrechnungsspitze wird erstmalig begründet.

Einem Verwalter, der ohne Prozessführungsbefugnis eine Wohngeldklage betreibt, sind gem. § 49 Abs. 2 WEG die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen
 
Die Entscheidung des LG Düsseldorf ist zutreffend und zeigt, wie gefährlich es für einen Verwalter werden kann, wenn er sich über seine Prozessführungsbefugnis irrt. Er hat sämtliche Verfahrenskosten zu tragen.

Wohnungseigentümer darf Bonität des Verwalters bezweifeln; §§ 1004, 823 BGB

 

 LG Dortmund ( AZ: 1 S 67/15, Urt.v. 27.05.2015)



Ein Wohnungseigentümer darf  die Bonität eines neu zu wählenden Verwalter in Frage stellen. Es ist weder Anspruch wegen der Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts noch wegen einer Verletzung des Rechts am eingerichteten und ausgebübten Gewerbebetrieb eines WEG-Verwalters als deliktisch geschützten Rechtsgütern gegeben, wenn ein Eigentümer die Bonität eines zur Wahl stehenden Verwalters bezweifelt.

Die Zweifel der Bonität einer haftungsbeschränkten UG als Verwalterin sind auch unter Berücksichtigung der Entscheidung BGH V ZR 190/11 begründet gewesen. Ungeachtet der vorstehenden Ausführungen fehlt es für einen Anspruch auf Widerruf auch an der Rechtswidrigkeit der getätigten Äußerungen, wenn diese in einem gerichtlichen Verfahren und damit zur Wahrnehmung berechtigter Interessen getätigt worden sind, denen die Beklagte innerhalb des laufenden Rechtsstreits zur Wahrung ihrer Interessen hat entgegentreten können (vgl. Palandt, BGB, 74. Auflage, § 823, Rn. 37).

Insoweit ist die Grenze zu einer bewusst unwahren Tatsachenäußerung bzw. zur Schmähkritik, welche auf innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens unzulässig sind (vgl. Palandt, a.a.O.), nicht überschritten worden. Ein Anspruch auf Geltendmachung außergerichtlicher Rechtsanwaltkosten besteht nicht, da die ungerechtfertigte Inanspruchnahme zum allgemeinen Lebensrisiko gehört und eine vertragliche Grundlage mangels Verwalterbestellung ausscheidet.

Wiedereinsetzung bei Anfechtungsklagen, § 46 WEG

 

 ( LG Dortmund, Urteil vom 02.06.2015; Az.: 1 S 91/15)

1. Versäumt ein Eigentümer in Unkenntnis der Beschlussfassung die Anfechtungsfrist des § 46 WEG, weil der Verwalter ihm das Protokoll nicht rechtzeitig aushändigt, kann ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gewährt werden.

2. Bestimmt die Teilungserklärung zweier räumlich getrennter Häuser, dass für die Gebrauchsregelung in dem einem Haus ein Stimmrechtsverbot des jeweils anderen Hauses existiert, muss die Abstimmung unter Ausschluss der Miteigentümer des jeweils anderen Hauses erfolgen. Die Mehrheitsverhältnisse müssen dabei für die jeweils stimmberechtigten Hausteile gesondert ermittelt werden.

3. Der in einem angefochtenen Beschluss betreffend einer Hausflurordnung verwendete Begriff des Hindernisses ist auslegungsfähig und dahin zu verstehen, dass keine Gegenstände aufzustellen sind, welche die Bewegungsfreiheit auf den Hausfluren bzw. den Laubengängen beeinträchtigen.

Montag, 22. Juni 2015

Zur Nichtigkeit eines Sanierungsbeschlusses wegen unbestimmtem Beschlussantrag

 
 
 
Ein Beschluss über eine bauliche Veränderung oder vergleichbare Maßnahme ist nichtig, wenn das Vorhaben nicht hinreichend beschrieben wird.

Weil Eigentümerbeschlüsse gegen den Sondernachfolger (§ 10 Abs. 3 WEG) und gegen die nicht an der Beschlussfassung beteiligten Wohnungseigentümer wie Gesetze oder Vereinbarungen wirken, sind sie aus sich heraus objektiv und nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen (BGH, NJW 1998, 3713).

In erster Linie ist deshalb für die Auslegung von Eigentümerbeschlüssen der Wortlaut maßgeblich, wie er sich aus der Niederschrift ergibt, und dessen sich hieraus für einen unbefangenen Beobachter erschließende nächstliegende Bedeutung.

Begleitumstände dagegen, also Umstände außerhalb des protokollierten Eigentümerbeschlusses, können im Einzelfall nur dann zur Auslegung berücksichtigt werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind.
 
Beschlussfassungen über bauliche Veränderungen und Instandsetzungsmassnahmen führen immer wieder zu Streitigkeiten. Häufig werden die Beschlussanträge schon nicht richtig vorbereitet, mit der Folge, dass ein unklarer Beschluss meistens zur Nichtigkeit führt.

Da nichtige Beschlüsse nicht innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist ab Beschlussfassung angefochten werden müssen, kann ein Eigentümer, der mit der beschlossenen Massnahme nicht einverstanden ist, auch noch nach Ablauf dieser Frist Klage auf Feststellung der Nichtigkeit erheben.

Da die Feststellung der Nichtigkeit dem betroffenen Wohnungseigentümer erhebliche Schwierigkeiten bereitet - allein deshalb, weil die Beschlüsse objektiv auszulegen sind - ist eine Überprüfung durch einen Rechtsanwalt in jedem Einzelfall empfehlenswert.

Zur Haftung des Verwalters bei der Anfechtung eines fehlerhaften Beschlusses; § 49 Abs. 2 WEG

 

Das Amtsgericht Bottrop hatte über die Frage zu entscheiden, ob der Verwalter die Kosten für ein Anfechtungsverfahren zu tragen hat, wenn die gefassten Beschlüsse auch mit der Bergündung einer fehlerhaften Protokollierung angefochten wurden und die Beklagten allein deswegen die Klage anerkennen.

Das Amtsgericht neigt zwar dazu, die Nichtbeachtung einer qualifizierten Protokollierungsklausel durch den Verwalter und Versammlungsleiter als zumindest grob fahrlässig anzusehen.

Es konnte aber nicht festgestellt werden, dass der Beigeladene die Tätigkeit des Gerichts veranlasst hat. Denn die Klägerin hat die Anfechtung der Beschlüsse auch mit dem Vorliegen materieller Fehler begründet. Auf diese Begründung sind die Beklagten nicht eingegangen, so dass nicht feststellbar ist, dass die Erhebung der Klage allein durch ein mangelhaftes Verhalten des Beigeladenen bewirkt wurde. Unter diesen Umständen ist es nicht gerechtfertigt, von der Kostenfolge aus § 91 ZPO
abzuweichen.

Unbestimmte Verwaltervergütung kann zur Anfechtung der Verwalterbestellung führen; §§ 23, 27 WEG

 

Der Inhalt eines Beschlusses muss nach Auffassung des AG Bottrop (Urt.v. 12.06.2015; Az.: 20 C 9/15) klar und bestimmt oder zumindest bestimmbar sein (s. nur Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, § 23 Rdnr. 54). Daran krankt die Formulierung in dem angefochtenen Beschluss, der Verwalter sei berechtigt, „zu Unrecht vorgebrachte Beschwerden" in Rechnung zu stellen.

In welchen Fällen und unter welchen Umständen eine Zahlungsverpflichtung begründet werden soll, lässt sich weder der getroffenen Regelung noch den Umständen aus der Niederschrift entnehmen. Der einzelne Wohnungseigentümer oder auch ein Sondernachfolger kann anhand der Formulierung nicht erkennen, wann er mit Forderungen des Verwalters zu rechnen hat. Denn ob eine Beschwerde zu Unrecht erhoben ist, ist eine reine Wertungsfrage, die im Einzelfall durchaus unterschiedlich beantwortet werden kann. Die mangelnde Bestimmtheit der Formulierung „zu Unrecht vorgebrachte Beschwerden" führt zu der Unwirksamkeit des angefochtenen Beschlusses.

Mittwoch, 3. Juni 2015



Wiederaufleben eines Unterlassungsanspruches bei zweckwidriger Nutzung von Sondereigentum durch Neuvermietung; §§ 199 Abs. 1, 5, 242 BGB; 15 Abs. 3 WEG

 
 
 
 
Der Sache nach sieht es die Regelung in der Teilungserklärung, wonach die Räume im Souterrain als Hobbyräume, Vorratskeller, Flur bzw. Kellerraum dienen, als Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter an. Die Nutzung solcher Nebenräume zu nicht nur vorübergehenden Wohnzwecken ist jedenfalls dann nicht gestattet, wenn sie - wie hier - die Anlage um eine weitere Wohneinheit vergrößert.

Die zweckwidrige Nutzung ist Dauerhandlung anzusehen. Solange die Nutzung anhält, kann die Verjährungsfrist nicht in Gang gesetzt werden Die fortlaufende Nutzung ist als wiederholte Handlung anzusehen, die jeweils neue (nicht verjährte) Unterlassungsansprüche auslöst.

Ob die zweckwidrige Nutzung durch den Sondereigentümer selbst oder durch dessen Mieter erfolgt, ist verjährungsrechtlich unerheblich.

Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235 Rn. 10). An dem sogenannten Zeitmoment fehlt es in der Regel, wenn eine wiederholte Störung einen neuen Anspruch auslöst. Jedenfalls eine Neuvermietung stellt in der Regel aus Sicht aller Beteiligten eine Zäsur dar.

Die übrigen Wohnungseigentümer haben Anlass, für die Zukunft eine der Teilungserklärung entsprechende Nutzung einzufordern, auch wenn sie hiervon zuvor - etwa aus Rücksicht auf das bestehende Mietverhältnis - Abstand genommen haben.

Montag, 13. April 2015

Mit der Verwalterbestellung muss die Vergütung geregelt sein; § 26 WEG

 

Die Bestellung des Verwalters entspricht grundsätzlich nur dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn in derselben Eigentümerversammlung, in der die Bestellung erfolgt, auch die Eckpunkte des abzuschließenden Verwaltervertrags (Laufzeit und Vergütung) in wesentlichen Umrissen geregelt werden; hiervon kann nur unter besonderen Umständen übergangsweise abgewichen werden.

Bei einer Wiederbestellung des amtierenden Verwalters ist ein solcher Angebotsvergleich zwar nicht erforderlich, sofern der Sachverhalt unverändert geblieben ist (Senat, Urt. v. 1. April 2011 - V ZR 96/10).

Aber auch in diesem Fall müssen die Wohnungseigentümer bei der Bestellung wissen, worauf sie sich einlassen. Ausreichend ist es, wenn sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass der Verwalter zu den bisherigen Konditionen (insbesondere der Vergütung) weiter tätig sein wird.
Damit hat der Senat wohl seine Trennung von Verwalterbestellung als Organ der Eigentümergemeinschaft und des Verwaltervertrages als selbständiger Dienst-/Werkvertrag  aufgegeben.

Mittwoch, 18. Februar 2015


 

 

Hunde müssen nicht in Eigentümergemeinschaft angeleint werden; § 15 Abs. 2 WEG

 

In einer Wohnungseigentümergemeinschaft gibt es keinen Anspruch auf eine generelle Anleinpflicht von Hunden, wenn das Interesse der übrigen Mitglieder auch durch andere Verhaltensregeln gewahrt werden kann (a.A.: so insbesondere AG München, Urt. v. 19.09.2011 - 485 C 1864/11 WEG, ZMR 2012, 307; tendenziell auch OLG Köln, Beschl. v. 28.07.2008 - 16 Wx 116/08, WuM 2009, 372; LG Konstanz, Beschl. v. 15.12.2008 - 62 T 73/08, ZMR 2009, 634).


Ein betreffend die Nutzung der Rasenfläche mit Hunden verlässt nicht die Grenzen des den Wohnungseigentümern durch § 15 Abs. 2 WEG zur Regelung eines ordnungsgemäßen Gebrauchs eingeräumten Ermessens, auch wenn der Beschluss das Spielen mit nicht angeleinten Hunden auf der gemeinschaftlichen Rasenfläche legitimiert.

Das führt aber nicht dazu, dass die Regelung gegen § 2 Abs. 2 Nr. 4 des Gefahrhundegesetzes (GefHG) des Landes Schleswig-Holstein vom 28.01.2005 (GVOBl. Schl.-H. 2005, S. 51), dass die vom Kläger zitierte Gefahrhundeverordnung zum 01.04.2005 außer Kraft gesetzt hat (vgl. § 19 GefHG), verstoßen könnte. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 4 GefHG sind Hunde bei Mehrfamilienhäusern auf Zuwegen, in Treppenhäusern, in Aufzügen, in Fluren und in sonstigen von der Hausgemeinschaft gemeinsam genutzten Räumen an einer zur Vermeidung von Gefahren geeigneten Leine zu führen. Hier geht es jedoch nicht um einen dieser geschützten Bereiche, sondern um Rasenflächen. Derartige Gemeinschaftsflächen sind -anders als beispielsweise bei § 2 Abs. 2 Nr. 3 GefHG - nicht in die Regelung miteinbezogen. Der Beschluss kollidiert auch nicht mit Ziffer 2. der Hausordnung. Das zeitweilige Spielen mit Hunden auf einer Rasenfläche stellt keine "Tierhaltung außerhalb der Wohnung" dar. Gemeint ist damit nach dem maßgeblichen objektiven Sinngehalt der Vorschrift ein Halten von Tieren außerhalb des Wohnbereichs in speziellen Käfigen oder Zwingern. Darum geht es hier nicht. Die Kammer berücksichtigt bei der Prüfung des Beschlusses auch den Umstand, dass die Teilungserklärung keinerlei Einschränkung der Hundehaltung vorsieht, das Halten von Hunden in der Anlage also grundsätzlich erlaubt ist. Das ist entgegen der vom Kläger geäußerten Rechtsansicht keineswegs selbstverständlich, denn eine Einschränkung der Tierhaltung in der Teilungserklärung wäre durchaus zulässig. Der BGH hat dies für eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer entschieden (BGH, Beschl. v. 04.05.1995 - V ZB 5/95, NJW 1995, 2036); entsprechendes gilt für die einseitige Erklärung zur Begründung von Wohnungseigentum nach § 8 WEG (vgl. Bärmann/Klein, WEG, 12. Aufl., § 10 Rn. 68, 102).

Enthält die Teilungserklärung im vorliegenden Fall aber gerade keine Einschränkung der Tierhaltung, so muss jeder Wohnungseigentümer damit rechnen, dass die Eigentümer im Beschlusswege auch großzügige Gebrauchsregelungen unter Ausschöpfung des ihnen insoweit zustehenden Ermessensspielraums treffen. Nichts anderes ist hier geschehen. Der Beschluss legitimiert einerseits allein das Spielen von Hunden auf dem Rasenstreifen, wobei ein Anspringen von Personen zu unterbleiben hat, was die Anwesenheit des Hundehalters oder einer vertrauten Person erfordert. Er untersagt andererseits die bei Hundehaltern nicht selten zu beobachtende Unsitte, die Rasenfläche zur Verrichtung des "täglichen Geschäfts" durch das Tier zu nutzen. Wenn der Beschluss den Bewohnern der Anlage gleichwohl eine Begegnung mit Hunden sowie gewisse Belästigungen wie etwa durch Bellen oder das Vorhandensein von Hundehaaren nicht gänzlich erspart, so liegt dies noch im Rahmen eines ordnungsgemäßen Gebrauchs i. S. von § 15 Abs. 2 WEG. Dieser verlangt jedem Wohnungseigentümer eine gewisse Rücksichtnahme auf die Interessen der Mitbewohner ab, wozu auch die Duldung von moderaten Beeinträchtigungen infolge sozialadäquater Tierhaltung zu rechnen ist. Entgegen der Auffassung des Klägers beinhaltet der Beschluss zu TOP 4 weder eine Diskriminierung von Wohnungseigentümern, die keinen Hund halten, noch eine Nutzungserweiterung zugunsten von hundehaltenden Nichteigentümern. An einer Diskriminierung fehlt es bereits deswegen, weil eine etwa unterschiedliche Behandlung von Personen auf einem legitimen Zweck beruht. Ein solcher kann auch auf einer wirksamen wohnungseigentumsrechtlichen Regelung, etwa einem Beschluss, beruhen. Adressaten des Beschlusses sind überdies lediglich die Wohnungseigentümer und deren Mieter, nicht hingegen fremde Personen, die in der Anlage nicht ansässig sind.


Nicht hinnehmen müssen die Eigentümer der Anlage zwar - insoweit ist dem Kläger Recht zu geben - ein unverhofftes Anspringen, insbesondere durch nicht angeleinte Hunde, oder gar ein Erscheinen von nicht angeleinten Hunden in fremden Wohnungen. Ebenfalls nicht zu dulden brauchen sie eine völlige Verdrängung von Nichthundehaltern von der Rasenfläche durch frei herumlaufende und tobende Hunde. Gegen derartige Auswüchse der Hundehaltung haben die Eigentümer in dem zu TOP 4 gefassten Beschluss jedoch Vorkehrungen getroffen. Belästigungen von Personen durch Anspringen sind absolut untersagt; die Nutzung der Rasenfläche durch bestimmte Hunde darf bei derartigen Vorkommnissen durch Mehrheitsbeschluss widerrufen werden. Insofern eröffnet die beschlossene Regelung hinreichende Spielräume, um eine in der Anlage grundsätzlich ja erlaubte Hundehaltung für alle Bewohner zumutbar zu gestalten. Die Kammer sieht sich nicht im Widerspruch zu der Entscheidung des OLG Hamburg vom 20.08.2007 (2 Wx 72/07 = ZMR 2008, 151). Aus dieser ergibt sich lediglich, dass es den Wohnungseigentümern im Rahmen eines ordnungsgemäßen Gebrauchs unbenommen bleibt, Tierhaltung in der Anlage durch Mehrheitsbeschluss gemäß § 15 Abs. 2 WEG zu regeln. Dabei darf weder ein vollständiges Verbot der Haustierhaltung noch eine unbeschränkte Haustierhaltung beschlossen werden; im Übrigen steht den Eigentümern jedoch bei der Regelung der Tierhaltung ein Ermessen zu. Dass die Grenzen dieses Ermessens allein dadurch gewahrt sein können, dass die Wohnungseigentümer einen uneingeschränkten Leinenzwang festlegen, lässt sich dieser Entscheidung nach Ansicht der Kammer jedoch nicht entnehmen. In dem dortigen Fall geht es um die Anfechtung eines Mehrheitsbeschlusses, in welchem den Eigentümern generell untersagt wird, Hunde in den gemeinschaftlichen Garten zu führen (TOP 7). Insoweit hat das OLG Hamburg im Rechtsbeschwerdeverfahren die Entscheidung des Landgerichts bestätigt, das diesen Beschluss für ungültig erklärt hat. Nur in diesem Zusammenhang weist es darauf hin, dass die Interessen der übrigen Miteigentümer hinreichend gewahrt seien, wenn die Hunde angeleint seien, eine Nutzung der Gartenfläche als Hundetoilette untersagt werde und der Hundehalter verpflichtet werde, unbeabsichtigt abgesonderten Hundekot umgehend selbst zu beseitigen (s. OLG Hamburg, a. a. O., Rn. 16). Auch aus der vom Kläger im Schriftsatz vom 05.12.2013 (S. 3 oben) besonders hervorgehobenen Passage der Entscheidungsgründe ("Nur eine derartige Gebrauchsregelung ...") folgt nichts anderes. Es geht erkennbar darum, dass eine Gebrauchsregelung besteht, die es dem hundehaltenden Wohnungseigentümer ermöglicht, die im Gemeinschaftseigentum stehende Gartenfläche mitzubenutzen. Durch eine Anleinpflicht werden Belästigungen der übrigen Miteigentümer über das bei angeordnetem Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus (vgl. § 14 Nr. 1 WEG) entgegengewirkt. Das bedeutet aber nicht, dass eine Anleinpflicht das einzige Mittel ist, um die Interessen der nichthundehaltenden Wohnungseigentümer zu wahren. Im Übrigen hat dem Beschluss des OLG Hamburg auch eine andere Fallgestaltung zugrunde gelegen. Dort ging es um eine gemeinschaftliche Gartenfläche mit einer Größe von 2.400 qm, die von einer Vielzahl von Wohnungseigentümern im Rahmen ihrer sehr unterschiedlichen Freizeitgestaltung genutzt wurde. Der hier in Rede stehende Rasenstreifen ist zuletzt lediglich von dem Mieter einer der Wohneinheiten zum Spielen mit seinem kleinen Hund genutzt worden. Sofern andere Bewohner der Anlage eine regelmäßige Nutzung der Rasenfläche beanspruchen, kann ohne weiteres ein "Widerruf" der beschlossenen Hundenutzungserlaubnis erfolgen, wozu es allerdings eines Mehrheitsbeschlusses bedarf.

In der Rechtsprechung teilweise die Auffassung vertreten wird, im Bereich der Wohnungseigentumsanlage einschließlich der gemeinschaftlichen Außenflächen bestehe eine generelle Anleinpflicht für Hunde (so insbesondere AG München, Urt. v. 19.09.2011 - 485 C 1864/11 WEG, ZMR 2012, 307; tendenziell auch OLG Köln, Beschl. v. 28.07.2008 - 16 Wx 116/08, WuM 2009, 372; LG Konstanz, Beschl. v. 15.12.2008 - 62 T 73/08, ZMR 2009, 634). Das soll nach Ansicht des AG München (a. a. O.) bereits aus den §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG folgen. Das Laufenlassen von Hunden in einer Wohnungseigentumslage stelle stets eine Beeinträchtigung der übrigen Eigentümer dar, die über das in § 14 Nr. 1 WEG bestimmte Maß hinausgehe. Das gelte unabhängig davon, ob der Hund im Einzelfall gefährlich sei oder dazu neige, an Personen hochzuspringen. Nur wenn dieser angeleint sei, könnten die übrigen Eigentümer sicher sein, dass er nicht auf sie zugelaufen komme und sie belästige. Allein deren Besorgnis, von einem Hund angesprungen zu werden, stelle eine erhebliche Beeinträchtigung dar, die sie nicht hinnehmen müssten.

Dem möchte sich das LG Itzehoe jedoch nicht anschließen. Sie ist der Auffassung, dass den Eigentümern - soweit die Teilungserklärung hierzu keine Vorgaben enthält - für die Regelung der Hundehaltung auf den Freiflächen der Anlage ein weites Ermessen zusteht, dessen absolute Grenzen lediglich durch ein vollständiges Tierhaltungsverbot einerseits sowie eine unbeschränkte Tierhaltungserlaubnis andererseits gebildet werden. Alles Weitere hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Diese können einen Leinenzwang für Hunde gebieten, müssen es jedoch nicht zwangsläufig. Gegenteiliges lässt sich auch nicht aus den §§ 15 Abs. 3, 14 Nr. 1 WEG herleiten. § 15 Abs. 3 WEG bestimmt, dass jeder Wohnungseigentümer einen Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums verlangen kann, der dem Gesetz, den Vereinbarungen und Beschlüssen und im Übrigen billigem Ermessen entspricht. Hier haben die Eigentümer eine Regelung durch Beschluss getroffen, die an den Vorgaben des § 15 Abs. 2 WEG zu messen ist. Diesen hält der gefasste Beschluss stand.

Mittwoch, 21. Januar 2015

 Zu den Grenzen der Auferlegung von Pflichten eines Sondernutzungsberechtigten (hier: Gartennutzung) durch Beschluss; §§ 16, 23 Abs. 1 WEG

 

BGH Karlsruhe, Urt.v. 10.10.2014; Az.: V ZR 315/13



Eine Öffnungsklausel in einer Teilungserklärung hat lediglich die Funktion, zukünftige Mehrheitsentscheidungen formell zu legitimieren, ohne sie materiell zu rechtfertigen. Deshalb ist ein Änderungsbeschluss auf der Grundlage einer Öffnungsklausel nicht schon dann rechtmäßig, wenn er die Anforderungen der Ermächtigungsgrundlage erfüllt.

Zum besonderen Schutz der Minderheit sind bestimmte fundamentale inhaltliche Schranken zu beachten. Erst bei der Frage, ob die beschlossene Änderung den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, ist den Wohnungseigentümern aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts ein weiter - lediglich durch das Willkürverbot beschränkter - Gestaltungsspielraum eingeräumt.

Zu den in diesem Sinne mehrheitsfesten Rechten gehört das dem Verbandsrecht immanente Belastungsverbot, das jeden Wohnungseigentümer vor der Aufbürdung neuer (originärer) - sich weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen Gemeinschaftsordnung ergebender - Leistungspflichten schützt.

Zwar ist es bei Sondernutzungsrechten üblich, dem Sondernutzungsberechtigten die Pflicht zur Instandhaltung auf eigene Kosten aufzuerlegen, weil ein Auseinanderfallen von Nutzungsrecht und Instandhaltungslast als unbefriedigend empfunden wird. Das ändert aber nichts daran, dass eine hiervon abweichende Regelung bereits in der Teilungserklärung /Gemeinschaftsordnung selbst oder im Wege einer späteren Vereinbarung der Wohnungseigentümer hätte getroffen werden müssen.

Die durch eine Öffnungsklausel legitimierte Mehrheitsmacht wird materiellrechtlich u. a. durch unentziehbare, aber verzichtbare Mitgliedschaftsrechte begrenzt; ein in solche Rechte ohne Zustimmung der nachteilig betroffenen Wohnungseigentümer eingreifender Beschluss ist schwebend unwirksam.

Zu den unentziehbaren, aber verzichtbaren Mitgliedschaftsrechten gehört das sog. Belastungsverbot, das jeden Wohnungseigentümer vor der Aufbürdung neuer (originärer) - sich weder aus dem Gesetz noch aus der bisherigen Gemeinschaftsordnung ergebender - Leistungspflichten schützt.

Mit dieser Entscheidung hatte der Kläger einen Pyrrhussieg errungen. Zwar durften die Miteigentümer den Kläger durch Beschluss nicht verpflichten, seinen sondernutzungsberechtigten Gartenteil selber zu pflegen. Die hindert die Eigentümer künftig aber nicht daran, dem sondernutzungsberechtigten Eigentümer die Kosten der Gartenpflege gem. § 16 Abs. 3 WEG allein aufzuerlegen.