Montag, 22. Juni 2015

Zur Nichtigkeit eines Sanierungsbeschlusses wegen unbestimmtem Beschlussantrag

 
 
 
Ein Beschluss über eine bauliche Veränderung oder vergleichbare Maßnahme ist nichtig, wenn das Vorhaben nicht hinreichend beschrieben wird.

Weil Eigentümerbeschlüsse gegen den Sondernachfolger (§ 10 Abs. 3 WEG) und gegen die nicht an der Beschlussfassung beteiligten Wohnungseigentümer wie Gesetze oder Vereinbarungen wirken, sind sie aus sich heraus objektiv und nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen (BGH, NJW 1998, 3713).

In erster Linie ist deshalb für die Auslegung von Eigentümerbeschlüssen der Wortlaut maßgeblich, wie er sich aus der Niederschrift ergibt, und dessen sich hieraus für einen unbefangenen Beobachter erschließende nächstliegende Bedeutung.

Begleitumstände dagegen, also Umstände außerhalb des protokollierten Eigentümerbeschlusses, können im Einzelfall nur dann zur Auslegung berücksichtigt werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne Weiteres erkennbar sind.
 
Beschlussfassungen über bauliche Veränderungen und Instandsetzungsmassnahmen führen immer wieder zu Streitigkeiten. Häufig werden die Beschlussanträge schon nicht richtig vorbereitet, mit der Folge, dass ein unklarer Beschluss meistens zur Nichtigkeit führt.

Da nichtige Beschlüsse nicht innerhalb der einmonatigen Anfechtungsfrist ab Beschlussfassung angefochten werden müssen, kann ein Eigentümer, der mit der beschlossenen Massnahme nicht einverstanden ist, auch noch nach Ablauf dieser Frist Klage auf Feststellung der Nichtigkeit erheben.

Da die Feststellung der Nichtigkeit dem betroffenen Wohnungseigentümer erhebliche Schwierigkeiten bereitet - allein deshalb, weil die Beschlüsse objektiv auszulegen sind - ist eine Überprüfung durch einen Rechtsanwalt in jedem Einzelfall empfehlenswert.

Zur Haftung des Verwalters bei der Anfechtung eines fehlerhaften Beschlusses; § 49 Abs. 2 WEG

 

Das Amtsgericht Bottrop hatte über die Frage zu entscheiden, ob der Verwalter die Kosten für ein Anfechtungsverfahren zu tragen hat, wenn die gefassten Beschlüsse auch mit der Bergündung einer fehlerhaften Protokollierung angefochten wurden und die Beklagten allein deswegen die Klage anerkennen.

Das Amtsgericht neigt zwar dazu, die Nichtbeachtung einer qualifizierten Protokollierungsklausel durch den Verwalter und Versammlungsleiter als zumindest grob fahrlässig anzusehen.

Es konnte aber nicht festgestellt werden, dass der Beigeladene die Tätigkeit des Gerichts veranlasst hat. Denn die Klägerin hat die Anfechtung der Beschlüsse auch mit dem Vorliegen materieller Fehler begründet. Auf diese Begründung sind die Beklagten nicht eingegangen, so dass nicht feststellbar ist, dass die Erhebung der Klage allein durch ein mangelhaftes Verhalten des Beigeladenen bewirkt wurde. Unter diesen Umständen ist es nicht gerechtfertigt, von der Kostenfolge aus § 91 ZPO
abzuweichen.

Unbestimmte Verwaltervergütung kann zur Anfechtung der Verwalterbestellung führen; §§ 23, 27 WEG

 

Der Inhalt eines Beschlusses muss nach Auffassung des AG Bottrop (Urt.v. 12.06.2015; Az.: 20 C 9/15) klar und bestimmt oder zumindest bestimmbar sein (s. nur Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, § 23 Rdnr. 54). Daran krankt die Formulierung in dem angefochtenen Beschluss, der Verwalter sei berechtigt, „zu Unrecht vorgebrachte Beschwerden" in Rechnung zu stellen.

In welchen Fällen und unter welchen Umständen eine Zahlungsverpflichtung begründet werden soll, lässt sich weder der getroffenen Regelung noch den Umständen aus der Niederschrift entnehmen. Der einzelne Wohnungseigentümer oder auch ein Sondernachfolger kann anhand der Formulierung nicht erkennen, wann er mit Forderungen des Verwalters zu rechnen hat. Denn ob eine Beschwerde zu Unrecht erhoben ist, ist eine reine Wertungsfrage, die im Einzelfall durchaus unterschiedlich beantwortet werden kann. Die mangelnde Bestimmtheit der Formulierung „zu Unrecht vorgebrachte Beschwerden" führt zu der Unwirksamkeit des angefochtenen Beschlusses.

Mittwoch, 3. Juni 2015



Wiederaufleben eines Unterlassungsanspruches bei zweckwidriger Nutzung von Sondereigentum durch Neuvermietung; §§ 199 Abs. 1, 5, 242 BGB; 15 Abs. 3 WEG

 
 
 
 
Der Sache nach sieht es die Regelung in der Teilungserklärung, wonach die Räume im Souterrain als Hobbyräume, Vorratskeller, Flur bzw. Kellerraum dienen, als Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter an. Die Nutzung solcher Nebenräume zu nicht nur vorübergehenden Wohnzwecken ist jedenfalls dann nicht gestattet, wenn sie - wie hier - die Anlage um eine weitere Wohneinheit vergrößert.

Die zweckwidrige Nutzung ist Dauerhandlung anzusehen. Solange die Nutzung anhält, kann die Verjährungsfrist nicht in Gang gesetzt werden Die fortlaufende Nutzung ist als wiederholte Handlung anzusehen, die jeweils neue (nicht verjährte) Unterlassungsansprüche auslöst.

Ob die zweckwidrige Nutzung durch den Sondereigentümer selbst oder durch dessen Mieter erfolgt, ist verjährungsrechtlich unerheblich.

Ein Recht ist verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, und deswegen die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt (st. Rspr., vgl. nur Senat, Urteil vom 21. Oktober 2005 - V ZR 169/04, NJW-RR 2006, 235 Rn. 10). An dem sogenannten Zeitmoment fehlt es in der Regel, wenn eine wiederholte Störung einen neuen Anspruch auslöst. Jedenfalls eine Neuvermietung stellt in der Regel aus Sicht aller Beteiligten eine Zäsur dar.

Die übrigen Wohnungseigentümer haben Anlass, für die Zukunft eine der Teilungserklärung entsprechende Nutzung einzufordern, auch wenn sie hiervon zuvor - etwa aus Rücksicht auf das bestehende Mietverhältnis - Abstand genommen haben.