Dienstag, 21. Juni 2016

Wohnungseigentümer und Mieter können bei Beseitigungsklagen wegen baulicher Veränderungen gesamtschuldnerisch vor dem WEG-Gericht verklagt werden


AG Bottrop, AZ: 20 C 57/15, 22.04.2016


Die Errichtung einer Markise, eines Gartenhauses und eines Fahnenmastes stellen eine bauliche Veränderung dar, die der Zustimmung der betroffenen Eigentümer bedarf.

Haben nicht alle Eigentümer zugestimmt, so steht jedem einzelnen Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Beseitigung aus §§ 13, 22 WEG i.V.m. §§ 862, 1004 BGB zu.

Dieser Anspruch richtet sich sowohl gegen den Wohnungseigentümer, auf dessen sondernutzungsberechtigten Gartenteil die baulichen Veränderungen vorgenommen wurden (Zustandsstörer), als auch gegen die Mieter, der diese Veränderungen dort vorgenommen hat (Handlungsstörer).

Beide haften als Gesamtschuldner auf Beseitigung.

Für die Klage gegen den Mieter ist das WEG-Gericht funktionell nicht zuständig, gleichwohl aber kann sich das Gericht aus Gründen des Sachzusammenhangs für zuständig erklären, um unterschiedliche Entscheidungen zu vermeiden.

Wohnungseigentümer müssen mit der Einladung alle wesentlichen Informationen über einen zu fassenden Beschluss mitgeteilt werden


LG Frankfurt am Main, AZ: 2-13 S 1/13, 20.05.2016


Ein Beschluss ist anfechtbar, wenn er die Anforderungen an eine ausreichende Information der Wohnungseigentümer zu dem zu behandelnden Beschlussgegenstand nicht erfüllt.

Daher ist vor der Versammlung die Übersendung der Unterlagen zu einem Beschlussgegenstand erforderlich, wenn für die Beschlussfassung eine eingehende inhaltliche Auseinandersetzung mit den Unterlagen von wesentlicher Bedeutung ist.

Dies ist bei einer Jahres- und Einzelabrechnung der Fall.

Aber auch, wenn die Gemeinschaft über die Berufung eines Urteils entscheiden soll, muss der wesentliche Inhalt der Berufung bzgl. Inhalt, Ausgang, Forderungshöhe, Erfolgsaussichten und Umfang dargelegt werden.

Eine erstmalige Präsentation des Urteil auf der Eigentümerversammlung genügt insoweit nicht. Ein Wohnungseigentümer ist nicht verpflichtet, sich vorab selber beim Verwalter zu informieren.

Wohnungseigentümer darf Rechtsanwalt nicht mit der Wahrnehmung von Gemeinschaftsinteressen beauftragen; § 21 Abs. 2 WEG


AG Offenbach am Main, AZ: 320 C 50/15, 30.05.2016


Ein Wohnungseigentümer kann nur aufgrund eines Ermächtigungsbeschlusses gemeinschaftsbezogene Schadensersatzansprüche gegen den (Vor-)Verwalter geltend machen.

Eine Notgeschäftsführung gem. § 21 Abs. 2 WEG kommt nicht in Betracht.

Insoweit muss der Wohnungseigentümer fremde Ansprüche im eigenen Namen im Wege der Prozessstandschaft geltend machen.

Der Umstand, dass der Gemeinschaft wegen einer drohenden Verjährung ein Schaden droht, genügt nicht, da § 21 Abs. 2 WEG restriktiv auszulegen ist.

Auch wenn die Eigentümergemeinschaft einen Schadensersatzanspruch gegen den Verwalter mehrheitlich durch Beschluss anlehnt und dieser Beschluss später erfolgreich angefochten wird, führt dieser Umstand nicht dazu, dass ein Wohnungseigentümer nach Aufhebung des Beschlusses berechtigt wäre, für die Gemeinschaft einen Rechtsanwalt zu beauftragen.

Anlegung eines Kiesbeetes in einem Ziergarten ist keine bauliche Veränderung; §§ 14, 22 WEG; 1004 BGB



AG Essen, AZ: 196 C 272/15, 02.06.2016


Weist die Teilungserklärung die Gestaltung der sondernutzungsberechtigten Gärten als Rasen und/oder Ziergarten aus, entspricht es noch der Zweckbestimmung dieser Vereinbarung, wenn ein Teil des Gartens mit Kies ausgelegt wird.

Als Ziergarten bezeichnet man einen Garten, der im Gegensatz zum Nutzgarten nicht vorrangig dem Anbau von Nutzpflanzen dient. Im Ziergarten werden lediglich Pflanzen aufgrund gestalterischer oder ästhetischer Aspekte in unterschiedlichen Kombinationen verwendet, insbesondere auch im Zusammenhang mit Pflasterungen und Bekiesungen.

Daraus folgt, dass ein Beseitigungsanspruch eines neu angelegten Kiesbeetes gem. §§ 14, 22 WEG i.V.m. § 1004 BGB ausgeschlossen ist.